Begegnung mit den Mursi

Von Jinka aus machten wir uns erneut auf den Weg Richtung Omo River, diesmal mit dem Ziel, den Stamm der Mursi zu besuchen. Eine hügelige Strecke mit einigen Höhenmetern lag vor uns. Doch kaum hatten wir unsere Fahrt begonnen, mussten wir die Bikes schon zur Seite legen: Zwei Jungen kämpften mit ihrem kleinen Esel(i), der einen schwer beladenen Wagen den ausgewaschenen Weg hinaufziehen sollte. Das Tier kam jedoch keinen Meter weiter. Gemeinsam packten wir mit an und schafften es, den Wagen wieder in Bewegung zu setzen.

Zurück auf den Rädern ging es nun bergauf, und oben angekommen wurden wir mit einem herrlichen Ausblick über das äthiopische Grün belohnt. Doch die nächste Etappe führte uns auf einer unwegsamen Strasse hinunter ins Tal, wo uns die Hitze gnadenlos einholte. Zum Glück war es von dort nicht mehr weit bis zum Gebiet der Mursi. Dieses Gebiet hat einen schwierigen Ruf, da es teilweise von Terrorismus betroffen ist.

Die gesamte Gruppe fuhr gemeinsam ins Dorf, wo uns ein lokaler Guide vieles über die Kultur und das Leben der Mursi erklärte.

Die Mursi sind ein bekanntes indigenes Volk, das im südwestlichen Äthiopien lebt, insbesondere im Mago-Nationalpark in der Region des Omo-Flusses. Sie gehören zu den Niloten und zählen etwa 7.500 Mitglieder, die in kleinen, verstreuten Dörfern leben. Die Mursi sind bekannt für ihre einzigartigen kulturellen Traditionen, darunter die auffälligen Lippenteller der Frauen und ihre Kriegerkultur.

Lippenteller der Frauen:
Die Mursi-Frauen tragen oft große Tonscheiben (Lippenteller) in der Unterlippe. Dieses Ritual beginnt normalerweise im Teenageralter, wenn die Unterlippe aufgeschnitten und allmählich gedehnt wird.Der Lippenteller ist ein Zeichen von Schönheit, sozialem Status und kultureller Identität. Früher wurde er auch als Maßstab für die Brautpreis-Verhandlungen verwendet. Heute wird diese Praxis jedoch zunehmend hinterfragt.
Kriegerkultur:
Die Mursi sind bekannt für ihre Tradition des Donga, einem Stockkampf-Ritual, das Stärke und Mut symbolisiert. Junge Männer kämpfen, um ihre Stärke zu beweisen und oft, um die Aufmerksamkeit potenzieller Partnerinnen zu gewinnen. Konflikte mit benachbarten Stämmen sind historisch ein Teil ihres Lebens, vor allem wegen Ressourcen wie Land und Wasser.
Lebensgrundlage: 
Die Mursi leben hauptsächlich von Viehzucht (Rinder, Ziegen) und Subsistenzlandwirtschaft. Sie bauen Hirse, Mais und Bohnen an. Rinder haben eine zentrale Bedeutung für die Mursi und symbolisieren Reichtum und sozialen Status. Sie dienen auch als Brautpreis und für Zeremonien.
Religion und Spiritualität:
Die Mursi praktizieren eine traditionelle Religion, die stark mit ihrer Umwelt verbunden ist. Sie glauben an Geister und Naturkräfte, die ihr Leben beeinflussen. Zeremonien und Rituale, oft in Verbindung mit dem Vieh oder den Jahreszeiten, sind ein wichtiger Teil ihres kulturellen Lebens.

Um den Stamm zu unterstützen, kauften wir Figuren aus Ton, die sie selbst hergestellt hatten. Zwar wurden auch die typischen Lippenteller angeboten, doch diese zu kaufen fühlte sich für uns nicht richtig an.