Abschied aus Äthiopien – Eine Reise voller Begegnungen, Erkenntnissen und Hoffnung

Unser letzter Tag in Äthiopien war ein Tag der Kontraste – geprägt von Dankbarkeit für alles, was wir erleben durften, und Wehmut, weil es nun an der Zeit war, Abschied zu nehmen. Wir verbrachten diesen besonderen Tag bei Judys Bruder, der uns mit einem riesigen Barbecue überraschte. Judy – ursprünglich aus Äthiopien, ist eine starke Stütze der Stiftung. Ihr Organisationstalent und ihre Hingabe, die diese Reise in ihrer Form überhaupt erst ermöglicht hatten, sorgten dafür, dass wir nicht nur Land und Leute kennenlernen durften, sondern auch einen reibungslosen Ablauf unserer Abenteuer geniessen konnten. Der Abend war gesellig, voller Gespräche und Lachen, und doch schwang eine leise Melancholie mit, denn uns wurde bewusst: Dieses Kapitel neigt sich dem Ende zu.

Unsere Zeit in Äthiopien war mehr als nur eine Erkundung eines neuen Landes. Sie war auch eine Reise zu uns selbst. Besonders Bettina musste sich dieser Herausforderung bewusst stellen – ihre Diskushernie hätte uns beinahe daran gehindert, die Reise gemeinsam anzutreten. Doch sie meisterte diese Hürde mit beeindruckender Stärke, was uns immer wieder vor Augen führte, wie kostbar Gesundheit ist. In Äthiopien, wo der Zugang zu medizinischer Versorgung für viele keine Selbstverständlichkeit ist, wurde uns das noch bewusster.

Wir werden nie die unzähligen lachenden Gesichter vergessen, die uns auf dieser Reise begegnet sind. Was uns besonders berührte, war die Lebensfreude und Zuversicht der Menschen – selbst in einer Welt, die von Armut und materiellen Entbehrungen geprägt ist. Kinder, die keine Spielsachen besitzen, strahlen mit einer Herzlichkeit, die uns in der oft hektischen und von Konsum geprägten westlichen Welt kaum begegnet. Die Stärke und Würde, die die Menschen trotz aller Widrigkeiten ausstrahlen, sind beeindruckend und inspirierend zugleich.

Wie gerne hätten wir die Menschen gefragt: Was bedeutet Glück für euch? Doch die Antworten fanden wir in ihren Handlungen und in ihrer Haltung. Gemeinschaft, Familie, Partnerschaft und Liebe – diese Werte tragen sie voller Selbstverständlichkeit und schaffen damit eine Lebensfreude, die auch uns zum Nachdenken brachte.

Gemeinsam mit der GO STAR Familie hatten wir das Privileg, nicht nur neue Menschen kennenzulernen und Einblicke in die äthiopische Kultur zu erhalten, sondern auch an einem Projekt mitzuarbeiten, das Hoffnung und Perspektiven schenkt. Das Unfallspital in Jimma, das einst als kleines Projekt begann, hat sich zu einem Leuchtturmprojekt für ganz Afrika entwickelt. Heute behandelt das unfallchirurgische Zentrum mehr als 200 verletzte Patientinnen und Patienten pro Tag. Jährlich werden über 1.500 komplexe Operationen durchgeführt. Seit 2022 ist das Spital als orthopädisches Ausbildungszentrum anerkannt und soll nun zu einem «National/African Center of Excellency for Trauma Surgery» ausgebaut werden.

Spät abends verabschiedeten wir uns von Äthiopien – einem Land, das tiefgreifende Spuren in unseren Herzen hinterlassen hat. Spuren, die uns lehren, die kleinen Dinge im Leben mehr zu schätzen. Spuren voller Begegnungen mit Menschen, die uns gezeigt haben, was wahre Stärke bedeutet. Und Spuren einer Reise, die uns immer wieder daran erinnern wird, dass es nicht auf das ankommt, was wir besitzen, sondern wie wir mit dem umgehen, was wir haben.